Köln: 04.–08.10.2025 #anuga

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Ancient Future Foodscapes

Von den Australien-Bränden aufgewacht

Kelley ist in Peru geboren und in Australien aufgewachsen. Ihre Wurzeln hat sie bei den Quechuas, die ihren Ursprung bei den in indigenen Völkern von Peru haben. Kelley beschäftigt sich intensiv mit den unglaublichen Innovationen und Technologien der Quechuas, die selbst moderne Ingenieure nicht verstehen können – wie dem Machu Picchu, die Ruinenstadt in Peru, die im 15. Jahrhundert von den Inkas erbaut wurde. Die Quechua-Sprache und -Kultur waren integraler Bestandteil des Inka-Reiches, und viele der Menschen, die an der Errichtung und Nutzung von Machu Picchu beteiligt waren, waren Quechua-sprechende Menschen.

Die verheerenden Australien-Brände 2019/2020 brachten Kelley dazu, die Landwirtschaft Australiens zu hinterfragen: Warum wird so viel Wasser für den Anbau von Baumwolle und für die Ernährung der Viehwirtschaft benötigt, wenn beide Industrien in Australien nicht endemisch sind, d. h. dort nicht ausschließlich oder nativ vorkommen?

Um zukünftige Naturkatastrophen, Hungernöte und den Zerfall der Zivilisation zu verhindern, plädiert Kelley darauf, die Lo-Tek Technologie der Quechuas auf unsere heutige Nahrungslandschaft anzuwenden. Lo-Tek steht für die Verbindung aus lokalem und traditionell ökologischem Wissen, das Tausende von Jahren unter Betrachtung der Umwelt von den Quechuas kultiviert wurde. Die Vorteile von Lo-Tek sind, dass die daraus entstehenden Nahrungslandschaften klimaresistent, inklusiv und nicht auf die Rohstoffindustrie angewiesen sind.

Nathalie Kelleys hält ihre Keynote auf der Anuga Horizon

Doch von welchen Lo-Tek-Innovationen können wir uns heute etwas abschauen und unsere Ernährungstechnologie anwenden?

1. Das Milpa Forest System: Supermarkt, Apotheke und Metzgerei in einem

Das Milpa Forest System ist ein Vorreiter der heutigen regenerativen und nachhaltigen Landwirtschaft. Es handelt sich um ein traditionelles landwirtschaftliches Anbausystem, das bereits seit über 8.000 Jahren kontinuierlich und erfolgreich genutzt wird. In diesem Nahrungsmittelsystem werden verschiedene Nutzpflanzen in einem mehrjährigen Waldgarten angebaut, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten und die Artenvielfalt zu fördern. Alle 30 Jahre wird der Wald kontrolliert abgebrannt und aus der Asche, die voller Nährstoffe steckt, wachsen wieder eine Vielzahl an Pflanzen, die zu 90 % für den Menschen als Nahrungsmittel oder Medizin genutzt werden können. Die Bäume bieten Lebensraum für Insekten und Vögel, Tiere können hier jagen und ihre Beute erlegen. Es handelt sich – laut Kelley - um biotechnologisch hergestellte Ökosysteme, Supermärkte, Apotheken und Metzgereien in einem.

2. Terra Preta: Der fruchtbare Boden

Der typische Boden des Amazonas beinhaltet eine hohe Konzentration aus Ton und ist für die Landwirtschaft nicht geeignet. Um aus diesem unfruchtbaren Boden fruchtbaren zu machen, haben die indigenen Völker den Kohlenstoffgehalt durch organisches Material wie verbrannte Pflanzen, Tierknochen und menschliche Extremente erhöht und dadurch einen extrem dunklen und fruchtbaren Boden erschaffen. Auf diesem Boden ist auch der Amazonas Regenwald entstanden. Terra Preta hat das Potential, biologische Vielfalt wieder herzustellen und zur Bewältigung von Bodendegradation und Klimawandel beizutragen. Terra Preta ist 100 % skalierbar und regenerativ.

3. Natürliche Selektion statt Gentechnologie

Durch die Kultivierung der Monokulturen ist die Artenvielfalt unserer Nutzpflanzen wie Kartoffeln, Mais um mehr als 96 % zurückgegangen. Der Nachteil dabei ist, dass die verbleibenden Nutzpflanzen durch Seuchen oder Klimawandel aussterben könnten. Um dem entgegenzuwirken, werden Pflanzen gentechnisch verändert, um mehr Ertrag zu bringen und resilient gegen Schädlinge, Krankheiten und Umweltbedingungen zu werden. Statt auf Gentechnologie zu setzen, die zudem kritisch und kontrovers betrachtet wird, können wir uns eine weitere Lo-Tek Technologie zunutze machen und durch selektive Auswahl der Samen die natürliche Artenvielfalt stärken. Nur auf diesem Weg erlangen wir laut Kelley Ernährungssouveranität, Ernährungssicherheit und Ernährungsresilienz.

4. Respekt vor der Landschaft und Ressourcen

Kelley appelliert dazu, mehr Rücksicht auf Tiere, Böden, Bäume, Pflanzen, Wasser und Pilze zu nehmen und die endlichen Ressourcen unserer Umwelt zu schonen. Sie ruft dazu auf, Orte besser zu verlassen, als wir sie vorgefunden haben. Das ist zwar die Grundlage der heutigen regenerativen und sintropischen Landwirtschaft, sollte in Zukunft aber noch mehr gefördert und umgesetzt werden.

Wurzeln in die Zukunft schlagen

Nahezu alle Herausforderungen unserer Zeit, einschließlich Nahrungsmittelknappheit, Klimawandel und Naturkatastrophen, haben ihre Wurzeln in menschlichem Handeln. Kelley zeigt auf, dass eine Verschmelzung antiker Techniken mit modernen Innovationen Lösungsansätze für viele gegenwärtige Probleme bieten kann. Oftmals ist es sinnvoll, nicht nur in die Zukunft zu blicken, sondern auch vergangene Weisheiten und Erfahrungen zurate zu ziehen.