Private Label in der Lebensmittelindustrie
Marktimpulse: Eigenmarken im Aufwind
Angesichts steigender Lebenshaltungskosten greifen Konsumierende verstärkt zu Eigenmarken, um Geld zu sparen. Bereits im Jahr 2023 gab beispielsweise fast ein Drittel der Verbraucher weltweit an, verstärkt Handelsmarken kaufen zu wollen, um Kosten zu reduzieren – ein Trend, der anhält und in Deutschland und Spanien besonders stark ausgeprägt ist.
Die Dynamik setzt sich 2024 fort: 62 Prozent aller weltweiten Produktneueinführungen unter einer Eigenmarke entfallen auf Europa, gefolgt von Nordamerika und Asien. Die führenden Märkte sind das Vereinigte Königreich, die USA und Frankreich. Nach Kategorien betrachtet, zeigt sich eine klare Rangfolge: Den höchsten Anteil im globalen Nahrungsmittel- und Getränkesektor verzeichnen Brot- und Backwaren.
Was sind nochmal Private-Label-Produkte?
Private Label bezeichnet Produkte, die von spezialisierten Herstellern produziert, aber unter dem Markennamen eines Handelsunternehmens verkauft werden. Beispiele sind Eigenmarken großer Supermarktketten wie Edeka Gut & Günstig, REWE Beste Wahl oder Aldi Bio. Der Handel kontrolliert dabei das Sortiment, die Preispositionierung und den Markenauftritt, während die Produktion oft bei spezialisierten Herstellerfirmen liegt.
„Premiumisierung“ und Innovation: Eigenmarken 2.0
Vergessen ist das alte Bild der „Billigmarke“. Die neue Generation von Private Label setzt auf „Premiumisierung“, also hochwertige Rohstoffe, nachhaltige Verpackungen und eine klare Herkunftskennzeichnung. Viele erfolgreiche Handelsunternehmen nutzen Eigenmarken inzwischen als Innovationstreiber, um Trends schneller in den Markt zu bringen als klassische Herstellermarken.
Beispiel: Bio-Linien mit regionalem Bezug oder vegane Ready-to-eat-Produkte, die speziell auf urbane Zielgruppen zugeschnitten sind. Der Vorteil für den Handel: volle Kontrolle über Preis, Storytelling und Markendifferenzierung.
Private Label vs. White Label
- Private Label: Produktentwicklung, Design und Markenauftritt werden vom Handelsunternehmen individuell festgelegt.
- White Label: Standardprodukt einer herstellenden Firma, das ohne große Anpassung von verschiedenen Handelsunternehmen unter ihrem Namen verkauft wird.
Kurz gesagt: Private Label-Produkte sind maßgeschneidert für eine Eigenmarke, White Label bezeichnet Produkte eher „von der Stange“.
Chancen für Produzierende
Für produzierende Unternehmen können Private-Label-Aufträge strategisch sinnvoll sein. Sie bringen eine kontinuierliche Auslastung, helfen dabei, die Fixkosten zu decken, und ermöglichen den Marktzugang über große Handelsketten.
Doch eine zu starke Abhängigkeit von einem einzelnen Handelsunternehmen birgt Risiken. Der Preis- und Margendruck sind hoch, und die Verhandlungsmacht liegt in der Regel beim Handel. Erfolgreiche Unternehmen balancieren deshalb Private-Label-Volumen mit eigenen Marken oder diversifizieren die auftraggebenden Unternehmen.
Private-Label-Produkte in den Supermarktregalen (textbest | Canva Pro)
Handelsperspektive: Mehr als nur Marge
Für Handelsketten bringen Private-Label-Produkte nicht nur lukrative Margen. Sie dienen als strategische Differenzierungsinstrumente, um Zielgruppen an sich zu binden. Wer es schafft, Eigenmarken mit klarer Positionierung aufzubauen – sei es im Premium-, Bio- oder Discountbereich –, sichert sich Wettbewerbsvorteile.
Regulatorik und Qualität: Kein Spielraum für Fehler
Die steigende Nachfrage geht einher mit einem wachsenden regulatorischen Druck. Themen wie Lebensmittelsicherheit, Zertifizierungen (IFS, BRC, Bio-Siegel) oder Verpackungsvorschriften wie die EU-Einwegplastikrichtlinie sind zu beachten.
Innovative Unternehmen sehen darin keine Bürde, sondern verwandeln Regulierungsinitiativen in Verkaufsargumente, zum Beispiel durch frühzeitige Umstellung auf recycelbare Verpackungen oder CO2-neutrale Produktionsprozesse.
Was bei Private-Label-Produkten jetzt wichtig wird
Die nächsten Jahre versprechen weiteres Wachstum sowohl in der Breite durch mehr Kategorien als auch in der Tiefe durch Segmentierung. KI und Automatisierung werden die Produktentwicklung und das Supply-Chain-Management beschleunigen. Auch der E-Commerce wird das Private-Label-Geschäft verändern: Digitale Eigenmarken, exklusive Online-Produkte und Direct-to-Consumer-Strategien eröffnen neue Kanäle. Dementsprechend steht das Thema Private Label auch bei der Anuga 2025 im Fokus , bei der etwa 4.000 Unternehmen mit Private-Label-Angebot vertreten sein werden.
Fazit: Der Aufstieg von Private Label geht weiter
Private Label ist längst kein Nebenprojekt mehr, sondern ein zentrales Spielfeld der Lebensmittelindustrie. Wer Eigenmarken nicht nur als Auslastungsinstrument, sondern als Innovationsplattform versteht, kann Trends setzen, Marktanteile gewinnen und Margen optimieren. Entscheidend für produzierende Unternehmen ist, sich klar zu positionieren – vom Value- bis zum Premiumsegment – und gleichzeitig die Abhängigkeit vom Handel zu minimieren. Geschwindigkeit bei der Umsetzung neuer Trends, insbesondere in den Bereichen Nachhaltigkeit, Gesundheit und Convenience, wird zum Wettbewerbsvorteil. Die Zukunft gehört denen, die Private Label strategisch, kreativ und mit Weitblick gestalten.
Private Label im Blick
Weitere spannende Hintergründe sowie die Bedeutung des Segments Private Label für und auf der Anuga finden Sie hier.