Köln: 04.–08.10.2025 #anuga

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Zelluläre Landwirtschaft – Ein Ausblick

11.05.2022

New Food in Conference: Klare Vision, voller Geschmack

Ernähren wir die Welt schon bald mit tierischen Lebensmitteln aus zellulärer Landwirtschaft? Dieser wegweisenden Frage widmete sich die 3. New Food Conference – und warf mit Entscheider:innen der Lebensmittelindustrie auf der Anuga 2021 einen Blick in die Zukunft.

New Food Conference trifft Anuga

Stellen Sie sich eine Welt vor, in der wir Steak, Fisch und Käse genießen, ohne unserer Gesundheit, den Tieren oder der Umwelt zu schaden, und zwar selbst, wenn wir neun Milliarden Menschen sind. Klingt fantastisch? Und doch ist diese Vision womöglich näher, als Sie ahnen.

„I wish people will feel like they can be part of the change and eat their way to a sustainable future. That they feel empowered that their food choice has an impact.“

Dr. Pasi Vainikka, Co-Founder & CEO, Solar Foods

Rund 20 internationale Vertreter:innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und dem Investment-Sektor sprachen am 10. und 11. Oktober 2021 auf der New Food Conference in Köln über den Stand der Technik in der zellulären Landwirtschaft . Die internationale Konferenz der Ernährungsorganisation ProVeg fand erstmals im Rahmen der weltgrößten Ernährungsmesse Anuga statt. Die Messe gilt als zentrale Impulsgeberin für Entwicklungen in der Lebensmittelindustrie .

Auf der New Food Conference trafen sich die Pioniere der zellulären Landwirtschaft.

Auf der New Food Conference trafen sich die Pioniere der zellulären Landwirtschaft. (Foto: ProVeg)

Das Potenzial der zellulären Landwirtschaft

Die zelluläre Landwirtschaft versteht sich als Lösung der gesundheitlichen, ethischen und ökologischen Probleme, die mit dem Konsum tierischer Lebensmittel einhergehen. Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte ohne Tierhaltung, lautet die Parole. Geschmack und Konsistenz der zellkultivierten Lebensmittel unterscheiden sich nicht von denen konventioneller Produkte, so das ermutigende Versprechen.

„In order for something to be amazing, it has to be sustainable, it has to be tasty, it has to be affordable.“
Nate Crosser, Investor & Risikokapitalgeber, Blue Horizon

Die Neuentwicklungen der zellulären Landwirtschaft versprechen Genuss ohne Gewissensbisse.

Die Neuentwicklungen der zellulären Landwirtschaft versprechen Genuss ohne Gewissensbisse. (Foto: Wild Type, Avant Meats, New Age Meats, Shiok Meats, CC-BY 4.0)

Start-ups wie Unternehmen arbeiten aktuell an einer Vielzahl zellkultivierter Neuentwicklungen. Die Produkte sind momentan noch nicht auf dem europäischen Markt. In den kommenden Jahren werden sie aber voraussichtlich einen wesentlichen Anteil am Proteinsektor ausmachen: Prognosen der Unternehmensberatung Kearney zufolge könnten ab 2040 35 Prozent des weltweiten Fleischkonsums auf zellkultiviertes Fleisch entfallen. (Quelle: A.T. Kearney (2019): How Will Cultured Meat and Meat Alternatives Disrupt the Agricultural and Food Industry. Online unter folgendem Link .

Die wachsende Zahl der Marktteilnehmer zeigt, welch großes Potenzial Start-ups und Unternehmen in der Zellkultivierung sehen.

Die wachsende Zahl der Marktteilnehmer zeigt, welch großes Potenzial Start-ups und Unternehmen in der Zellkultivierung sehen. (Quelle: Koelnmesse GmbH)

Einige der Entwickler:innen, von Biotech Foods über MeaTech bis hin zu Bluu Biosciences, waren auch in Köln zu Gast. Gemeinsam sprachen sie unter anderem über Fleisch, Fisch und veganen Käse aus zellulärer Landwirtschaft, über Bioverfahrenstechnik und Präzisionsfermentation und natürlich über Verbrauchertrends und Regulierungen.

So schmeckt die Zukunft

Die New Food Conference bot ihren Besucher:innen aber nicht nur fachliche, sondern auch kulinarische Einblicke – mit einer Kostprobe, wie die Zukunft aussehen und schmecken könnte: David Brandes von Peace of Meat, einem Unternehmen von MeaTech, servierte dazu Fleischbällchen aus Soja und zellkultiviertem Hühnerfett. Dabei handelt es sich um ein hybrides Produkt, das pflanzliche Rohstoffe mit den Vorteilen der zellulären Landwirtschaft verbindet.

Let’s taste it! David Brandes erklärte vor der New-Food-Kostprobe, wie Peace of Meat hybride Fleischbällchen herstellt.

Let’s taste it! David Brandes erklärte vor der New-Food-Kostprobe, wie Peace of Meat hybride Fleischbällchen herstellt. (Quelle: ProVeg)

Für die Herstellung bereitet das belgische Start-up Zellen aus Hühnereiern im Bioreaktor so auf, dass eine Fettmasse entsteht. Diese sorgt für den Hühnchengeschmack – und rief auf der New Food Conference gewaltiges Interesse hervor: Während der Präsentation drängten sich Fotograf:innen und Kamerateams vor der Bühne.

Gerade junge Menschen zeigen sich aufgeschlossen

Ein erstes Restaurant in Singapur bietet bereits zellkultivierte Chicken Nuggets an. Generell sind gesetzliche Zulassungsverfahren aber eine ernsthafte Herausforderung. Auch die kosteneffiziente Großproduktion gilt es noch zu meistern. Die Expert:innen sind sich dennoch sicher: Wir werden auch diese Hürden nehmen.

„Optimization is just the boring part you need to do to reach the next level. The exciting part is discovering that your product has an impact on society and the world.“
Nina Buffi, Managing Director & CTO, Ospin

Doch werden die Verbraucher:innen die neuen Produkte kaufen? „Die Jüngeren, gut Informierten sind sehr offen dafür“, erklärte Mathilde Alexandre, die bei ProVeg International das Projekt CellAg koordiniert. Besonders groß sei die Akzeptanz in Israel, dem wichtigsten Hotspot für zellkultiviertes Fleisch neben Singapur. Allein rund um Tel Aviv forschen sechs Unternehmen an der Zellkultivierung.

Fermentation: Traditionelles Verfahren, modern interpretiert

Ebenfalls groß im Kommen ist ein weiterer Zweig der zellulären Landwirtschaft, die Präzisionsfermentation: Bakterien oder Hefen werden so „programmiert“, dass sie zum Beispiel Milchproteine herstellen. In den USA gibt es lokal bereits Speiseeis aus tierfreien Milchproteinen. Unternehmen in Deutschland arbeiten mit dieser Methode an Käse ohne Tierhaltung.

Wie die New Food Conference zeigte, besteht dabei noch viel Luft nach oben: „Käse soll gesund sein, nachhaltig, lecker und kostengünstig – das kann noch kein Käse, ob pflanzlich oder mit Milch“, erläuterte Blue-Horizon-Investor Nate Crosser in einer Panel-Diskussion. Kommt also bald der Mozzarella aus kuhfreier Milch? „Es ist eine große Herausforderung”, so Crosser, „aber wir Menschen können coole Sachen machen, wenn wir es versuchen.“

Und wie geht es 2022 weiter? Erfahren Sie mehr auf: new-food-conference.com